2017: Versorgung von Schwerverletzten ist Teamarbeit  - OFIRTA | Leben, Retten, Lernen - Leben retten lernen!

2017: Versorgung von Schwerverletzten ist Teamarbeit

Mehr als 330 Einsatzkräfte trafen sich am Samstag zum siebten „Odenwälder First Responder Tag“ (OFIRTA)in der Buchener Stadthalle. Rund um die Uhr sind „First Responder“, also qualifizierte Ersthelfer oder „Helfer vor Ort“ (HvO), in ihren Gemeinden einsatzbereit, um die Zeit bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes zu überbrücken und so ehrenamtlich teils unmittelbar lebensrettende Hilfe zu leisten.

Für diese wichtigen Helfer organisieren die Leitenden Notärzte in Kooperation mit dem Förderverein psychosoziale Notfallversorgung (PSNV) im Neckar-Odenwald-Kreis jährlich eine ganztägige Fortbildungsveranstaltung. Vorrangiges Ziel ist es, durch gemeinsame Fortbildung verschiedener Fachdienste die Zusammenarbeit bei der Notfallversorgung immer weiter zu optimieren.

Eine besondere Würdigung erfuhr das ehrenamtliche Engagement der Helfer durch die Anwesenheit des Schirmherrn Dr. Achim Brötel, Bürgermeister Roland Burger als Hausherrn und Präsident des DRK-Kreisverbandes Buchen sowie MdB Alois Gerig. Sie alle betonten den unschätzbaren Wert der rund um die Uhr verfügbaren, gelebten Nachbarschaftshilfe, mit der die Einsatzkräfte bei zeitkritischen Notfällen zur Verfügung stehen.

„Lokal handeln, regional denken“

Dankbar für die vielfältige Unterstützung und begeistert von der wachsenden Teilnehmerzahl mit neuem Rekordergebnis zeigte sich Priv.-Doz. Dr. Harald Genzwürker, Sprecher der Gruppe Leitender Notärzte und Organisator des OFIRTA. Die Teilnehmer reisten aus Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland an. Roter Faden der Veranstaltung war die Versorgung Schwerverletzter nach Verkehrs- oder Arbeitsunfällen, aber auch im häuslichen Bereich.

Den Auftakt machte Dr. Bernd Gritzbach, Chefarzt der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie an den Neckar-Odenwald-Kliniken, der unter dem Titel „Lokal handeln, regional denken“ die Strukturen des TraumaNetzwerks Kurpfalz vorstellte, bei dem Kliniken verschiedener Versorgungsstufen zusammenwirken, um eine schnellstmögliche Diagnostik und Behandlung von Unfallopfern zu erreichen. Besonders lobte er die enge Zusammenarbeit mit den Einsatzkräften vor Ort, den Rettungsleitstellen sowie den Universitätsklinika Heidelberg und Mannheim.

„ABC im Mittelpunkt“

Praktische Tipps und Hinweise bot der Stuttgarter Notarzt und Fachautor Dr. Ralf Schnelle, der in seinem Vortrag „ABC im Mittelpunkt“ die wichtigsten Erstmaßnahmen beim Traumpatienten darstellte: A wie Atemweg, B wie (Be-)Atmung, C wie Circulation. Mit zahlreichen Bildern rief er die Einsatzkräfte dazu auf, am Notfallort sehr aufmerksam zu sein.

Oberfeldarzt Dr. Björn Hossfeld von der Sektion Notfallmedizin des Bundeswehrkrankenhauses in Ulm zeigte unter der Überschrift „Stop the bleeding!“, welche aktuellen Ansätze zur Behandlung schwerer Blutungen zur Verfügung stehen. Wurde beispielsweise „Abbinden“ vor wenigen Jahren noch extrem kritisch bewertet, gehöre die fachgerechte Unterbrechung der Blutversorgung an Armen oder Beinen mit sogenannten Tourniquets mittlerweile zu den wesentlichen Ansätzen zur Verhinderung des Verblutens bei Schwerstverletzten.

Priv.-Doz. Dr. Tim Viergutz, Anästhesist am Universitätsklinikum Mannheim und stellvertretender Leiter des Luftrettungszentrums Christoph 53, stellte in seinem Vortrag „Vom Winde verweht“ dar, wie die Zusammenarbeit mit der Luftrettung optimal gestaltet und koordiniert werden kann. Der Rettungshubschrauber könne zwar sehr schnell transportieren, doch müsse gerade bei Schwerverletzten sorgfältig abgewogen werden, ob nicht mit einem Rettungswagen die geeignete Klinik ähnlich schnell oder nicht sogar schneller erreicht werden könne. Er betonte die Sicherheitsaspekte bei der Zusammenarbeit mit den Einsatzkräften vor Ort.

Teamwork stand im Mittelpunkt der Ausführungen von Andreas Hollerbach, dem Vorsitzenden des Kreisfeuerwehrverbandes Neckar-Odenwald-Kreis. Er lobte die gute Zusammenarbeit zwischen den Rettungsdiensten und Feuerwehren, die sich dem gemeinsamen Ziel der Lebensrettung verschrieben haben. Unter dem Titel „Sichern und befreien“ stellte der dar, wie moderne technische Rettung laufen soll, sparte aber auch nicht mit Hinweisen auf Erschwernisse und Beeinträchtigungen durch die Besonderheiten der Einsatzsituation wie auch die technischen Entwicklungen der Automobilindustrie. Zentraler Aspekt für die gemeinsame Arbeit sei eine gute Kommunikation zwischen allen Beteiligten.

Nicht nur dem PNSV-Team sprach der nächste Referent mit seinem Vortrag „Wenn ein Pflaster nicht reicht …“ buchstäblich aus der Seele, als er betonte, dass Hilfsangebote nicht erst nach belastenden Einsätzen, sondern bereits in der Vorbereitung und Ausbildung gemacht werden sollten. Oliver Stutzky aus Donaumünster von der Bundesvereinigung Stressbearbeitung nach belastenden Einsätzen ermunterte die Einsatzkräfte und diejenigen mit Führungsaufgaben in den Hilfsorganisationen, auf sich selbst und auf die anderen Helfer zu achten.

Hervorragende Organisation

Hervorragend sei die Organisation der Hilfe im Neckar-Odenwald-Kreis aufgestellt, da sich Fachleute aus verschiedenen Bereichen engagieren und damit ein Grundverständnis für die verschiedene Sicht von Rettungsdienstlern und Feuerwehrleuten mitbringen.

Als Sprecher der Leitenden Notärzte im Neckar-Odenwald-Kreis widmete Priv.-Doz. Dr. H. Genzwürker sein Abschlussreferat „Den Mangel verwalten …“ den Besonderheiten bei der Bewältigung eines MANV, also eines Massenanfalls von Verletzten. Am schwierigsten sei der Wechsel von der Alltagsebene, also einer Situation, in der sich mehrere Helfer um einen Notfallpatienten kümmern, zur Ausnahmesituation, in der ein Helfer plötzlich mehrere Patienten betreuen soll. Solche Situationen entstehen dabei gerade im ländlichen Raum aber bereits, wenn zwei voll besetzte Pkw zusammenstoßen, nicht erst beim Bus- oder Zugunglück.

Den Eigenschutz der eingesetzten Hilfskräfte betonte auch er und ging auf die im August veröffentlichten „Hinweise für die nichtpolizeiliche Gefahrenabwehr bei Einsätzen im Zusammenhang mit Terror- oder Amoklagen“ des baden-württembergischen Innenministeriums ein.

Zum Veranstaltungsende lud er die Teilnehmer zum nächsten OFIRTA am 24. November 2018 ein und dankte allen, die zum Gelingen der Veranstaltung beigetragen haben.